Bundesarbeitsgericht zur Verjährung von Urlaubsansprüchen

Bundesarbeitsgericht zur Verjährung von Urlaubsansprüchen

Urlaubsansprüche und Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterliegen der Verjährung. Entscheidend ist, ob und wann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Über diese Themen urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in zwei aktuellen Entscheidungen.

Beginn der Verjährung setzt Erfüllung der Aufklärungs- und Hinweispflichten voraus

Nach dem Urteil des BAG vom 20.12.2022 (Aktenzeichen: 9 AZR 266/20) beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Im konkreten Fall forderte eine ehemalige Mitarbeiterin von ihrem früheren Arbeitgeber die Abgeltung von insgesamt 101 Arbeitstagen aus den Vorjahren. Der frühere Arbeitgeber zahlte aber nur rund 3.000 Euro brutto zur Abgeltung von 14 Urlaubstagen.

Die ehemalige Mitarbeiterin machte die Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage gerichtlich geltend. Letztlich entschied das Bundesarbeitsgericht im Revisionsverfahren und sprach der Klägerin den Anspruch zu. Der Beklagte musste rund 17.000 Euro brutto an die Klägerin zahlen.

Ohne Erfolg hatte der Beklagte geltend gemacht, die Urlaubsansprüche seien bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses verjährt. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Mitarbeiter über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen zu belehren. Nimmt der Mitarbeiter den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht, beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitgeber seiner Aufforderungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist.

Dies hat der Arbeitnehmer im konkreten Fall versäumt. Die Urlaubsansprüche verjährten daher nicht bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses.

Das Urteil basiert auf einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat entschieden, dass der Zweck der Verjährung, die Gewährung von Rechtssicherheit hinter dem Ziel, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, zurücktritt. Der Arbeitgeber könne die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Aufklärungs- und Hinweisobliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20

Verjährungsfrist konnte nicht vor dem Ende des Jahres 2018 beginnen

Gemäß dem Urteil des BAG vom 31.01.2023 (Aktenzeichen: 9 AZR 456/20) beginnt die Verjährungsfrist der Urlaubsabgeltung regelmäßig mit dem Ende des Jahres, in dem der Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Im konkreten Fall konnte die Verjährungsfrist der Urlaubsabgeltung des ehemaligen Mitarbeiters aber nicht vor Ablauf des Jahres 2018 beginnen.

Der Kläger war von Juni 2010 bis Oktober 2015 als Ausbildungsleiter in einer Flugschule beschäftigt. Sein jährlicher Urlaub von 30 Tagen wurde nicht gewährt. Im August 2019 erhob er Klage auf Abgeltung von Urlaub aus seiner Beschäftigungszeit.

Das Gericht sprach ihm den Anspruch auf Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 zu. Einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für das Jahr 2015 lehnte es ab.

Die dreijährige Verjährungsfrist für den Abgeltungsanspruch beginne nach Ansicht des Gerichts in der Regel am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet. Auf Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten komme es dabei nicht an. Die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers, aus der der EuGH die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme von Urlaub ableite, ende mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Eine Verjährungsfrist könne aber auch dann nicht beginnen, wenn eine Klageerhebung aufgrund einer gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zumutbar sei. Der Kläger sei im vorliegenden Fall daher erst gehalten gewesen, die Abgeltung von Urlaub für die Jahre 2010 bis 2014 gerichtlich geltend zu machen, nachdem der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 06.11.2018 neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben hatte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2023 – 9 AZR 456/20

EUGH zum Verfall von Urlaubsansprüchen

Mit diesem vom BAG zitierten Urteil hatte der EuGH entschieden, dass Arbeitnehmer den Anspruch auf ihre Urlaubstage nicht automatisch verlieren, ohne vorher vom Arbeitgeber durch angemessene Aufklärung in die Lage versetzt worden zu sein, diesen Anspruch wahrzunehmen.

Der Arbeitgeber sei verpflichtet, konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun, und ihm, damit sichergestellt ist, dass der Urlaub ihm noch die Erholung und Entspannung bieten kann, zu denen er beitragen soll, klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird.

Kann der Arbeitgeber die Erfüllung dieser Pflichten nicht nachweisen, verfällt der Urlaubsanspruch am Ende des Jahres nicht. Erst wenn der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, kann der Anspruch auf nicht genommenen Jahresurlaub verfallen.

EuGH vom 06.11.2018 – C 684/16 – (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften)



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